Dienstag, 19. Juni 2012

Aus. Vorbei. Fini. Ende.


[singt] Es ist vorbei, bye, bye, Blogger, es ist vorbei. Vorbei.


Das ist es also. Ein letztes Bild aus St. Pauli, welches treffender nicht sagen könnte, dass diese Straße nicht mehr befahren wird. Ein letzter Hinweis, dass Huchmampfs Welt zwar eingestellt, ich aber keineswegs aufgebe, sondern einfach nur umziehe. Um Hoheit über meine Daten zu bekommen. Um Dezentralität zu fördern. Um wirklich mein eigenes Blog zu haben.

Wer mir weiter gewogen bleiben möchte, der möge diesen Blog aus seinen RSS-Feed nehmen und dafür den Feed von stonedgolem.de einfügen. Selbiges gilt für die Personen, die sich fragen, was ich unter einem "DatenschutzDeal" verstehe. Wer mir sowieso nur über G+ folgt muss nicht einmal etwas ändern, weil ich weiterhin neue Artikel auf G+ posten werde.

Ich hoffe, ich konnte euch hier ein wenig erfreuen und entschwinde in die Weiten meines eigenen Reiches.

Happy Texting.

Freitag, 15. Juni 2012

Wegen die Sache mit die BILD...

Es gibt Neuigkeiten "wegen die Sache mit die BILD", die am 23.6. ungefragt in meinen Briefkasten* flattern soll/sollte. Der aktuelle Stand ist wohl, dass der Springer-Verlag die Aktion wie angekündigt durchziehen wird. Vertriebspartner soll wohl die Deutsche Post werde, was nichts anderes bedeutet, als dass die armen BriefzustellerInnen den ganzen Tag plakern und leiden müssen. Von den Mehreinnahmen, die die Post dank der Aktion erwarten darf, werden sie wohl nichts abbekommen... aber das hat ja auch niemand erwartet, dass die, die an diesem Tag wirkliche Arbeit leisten, dafür auch entlohnt werden.

Die über 200.000 Absagen, die die Aktion von Campact bisher zusammengetragen hat, sind für Springer aber kein Problem. An jeden Briefkasten, der keine Bild erhalten soll, wird ein roter Umschlag versendet, der anstelle der BILD zugestellt werden soll. Inhalt des Umschlags: Geheim. [Quelle: Campact-Blog]

Aus diesem Post lassen sich drei Dingen ableiten.
  1. Ich versteh' die Sache mit dem neuen Leistungsschutzrecht langsam, welches sich hoffentlich noch verhindern lässt, und paraphrasiere nur noch mit direkter Verlinkung. Ob das was hilft, wenn der Titel des journalistischen Erzeugnisses in der URL selbst enthalten ist, darüber werde ich mich später mal auslassen.
  2.  Ich sollte schnell noch Springer widersprechen, dass sie mir überhaupt irgendwas zustellen. Oder gilt hier der "Keine Werbung einfwerfen" Sticker auf meinem Briefkasten?
  3. Wer auf Wundertüten und Geheimisse steht, sollte jetzt noch schnell der Zustellung der BILD widersprechen und sich an der Spannung erfreuen. Sind immerhin noch 10 Tage der Vorfreude, die bleiben.
  Was den Inhalt des Umschlages angeht, tippe ich auf Anthrax. Bleibt also bei bester Gesundheit.

* Ein netter Mensch hat mich auf einen Tippfehler hingewiesen. Ursprünglich stand an dieser Stelle "Bierkasten", was ein so schöner Freudscher Verschreiber ist, dass ich den Text zwar berichtigt habe, dafür aber den Hinweis auf den Fehler an dieser Stelle setze. Prost!

Donnerstag, 14. Juni 2012

Was haben Pandas, Zensur und Barbara Steisand gemeinsam?

Wie wäre es mit der Gemeinsamkeit, dass sie in der Überschrift zu diesem Blogeintrag stehen? Das reicht euch nicht? Tja, dann muss ich wohl leider ausholen.


Punkt 1: Der Panda


Schon vor einiger Zeit flatterte bei mir der erste Bericht über das "Schwarzbuch WWF. Dunkle Geschäfte im Zeichen des Pandas" herein. Geschrieben wurde das Buch von Adolf-Grimme-Preisträger Wilfried Huismann, einem anerkannten Journalisten also; erscheinen ist es beim Gütersloher Verlagshaus, welches zu Bertelsmann gehört. Nach berichten der Frankfurter Rundschau versteht sich das Buch als eine Erweiterung zu einem kritischen Dokumentarfilm, der unlängst im WDR und im SWR lief.

Schon gegen den Dokumentarfilm ist der World Wildlife Fond for Nature, kurz WWF, vorgangenen; anfangs erfolglos, doch im April konnte eine Einstweilige Verfügung erwirkt werden. Der WWF begründet die rechtlichen Schritte damit, dass unwahre, rufschädigende Behauptungen sowohl im Film als auch im Buch verbreitet werden würden. Laut Berichten der Süddeutschen Zeitung wurden auch Buchhändler angeschrieben, um diese auf mögliche, rechtliche Konsequenzen hinzuweisen, falls über sie das Buch erhältlich sein sollte -- aus rein informativen Zwecken natürlich, nicht um sie zu bedrohen. Dies hatte zur Folge, dass das Buch im Endeffekt nur noch über den Verlag direkt erhältlich war. Dies ist also die Ausgangssituation und erklärt zumindest den Panda im Titel.


Punkt 2: Die Zensur


Es ist das gute Recht des WWF oder jeder anderen Person, ob juristisch oder natürlich, sich gegen falsche Behauptungen und übele Nachrede zur Wehr zu setzen. Insofern kann mensch dem WWF also keinen Vorwurf machen. Allerdings gibt es zwei Punkte, an denen sich streiten ließe, ob dies noch Gegenwehr oder schon Zensur ist.

Der erste Punkt betrifft die Verhältnismäßigkeit: Laut Süddeutscher haben die Anwälte von Bertelsmann noch nie eine derart starke Gegenwehr wie im Falle des WWFs erlebt. Sogar Scientology -- bei weitem keine Gurkentruppe von Traurigkeit, wenn sie eine Möglichkeit sehen einen Gegner anzugehen -- hätte auf kritische Bücher weit weniger drastisch reagiert!

Die Verhältnismäßigkeit umfasst auch die Frage, inwiefern die "Information" der Buchhändler gerechtfertigt war. Es liegt zwar eine Einstweilige Verfügung vor, aber die bietet nur vorläufigen Rechtsschutz; wird sie wie in diesem Fall missachtet, kommt die Angelegenheit zur Verhandlung. Ein Urteil wird erst Freitag erwartet -- und bis dahin ist es legitim und rechtens, das Buch zu verkaufen, denn noch immer gilt in diesem Land die Unschuldsvermutung! Das Anschreiben an die Händler als bloße "Information" darzustellen, ist schon eine für sich genommen eine gewaltige Dreistigkeit, aber dennoch eine, die ihr Ziel erreichte: Die Zensur.

Und hier kann mensch dem WWF wirklich einen Vorwurf machen. Durch die von Microsoft perfektionierte FUD-Taktik ist das Buch praktisch bei den großen Ketten und Internetbuchhändlern nicht mehr erhältlich. Besonders bemerkenswert tut sich dabei Amazon hervor: Das Versandhaus, das kein Problem mit fragwürdigen Büchern des politisch rechten Spektrums hatte, so lange diese nicht indiziert sind, schreibt laut Süddeutsche folgendes zum Buch:

"Dieser Artikel ist in Deutschland indiziert bzw. beschlagnahmt. Wir bieten generell keine indizierten bzw. beschlagnahmten Titel auf Amazon.de an." [Zitiert nach der Süddeutschen Zeitung. Siehe Link.]
Leider hat Amazon die Seite inzwischen ganz vom Netz genommen, sonst hätte ich einen Screenshot angefügt. Aber: Wenn das mal kein vorauseilender Gehorsam ist! Von wegen indiziert: Das eBuch ist, zumindest noch, legal erhältlich, unter anderem beim Verlag direkt oder im neuen eBook-Store von Google.

Dennoch: Diese Art des Vorgehens ist eindeutig Zensur. Mit Hilfe einer Machtstellung wird die Verbreitung einer Kritik verhindert. Der WWF zensiert. Anders kann ich es nicht mehr ausdrücken. Denn ansonsten hätten sie nicht die Händler unter Druck setzen müssen und die Gerichtsverhandlung abwarten können -- weil erst dann entscheidet sich, ob die Kritik am WWF berechtigt oder vielmehr an den Haaren herbeigezogen ist. Diese Entscheidung sollen aber bitte Unparteiische treffen. Danke.


Punkt 3: Der Streisand-Effekt


Der Streisand-Effekt, benannt nach der gleichnamigen Barbara, gehört zu meinen Lieblingseffekten im gesellschaftlichen Gefüge. Er lässt sich wie folgt zusammenfassen: Wenn du (als mehr oder minder prominente Persönlichkeit) versuchst, etwas zu verbieten, erzeugst du damit eine Öffentlichkeit, die das Verbot lautstark kritisiert und damit das, was du verbieten wolltest, noch bekannter macht.

Mal ehrlich, ohne den medialen Streit hätte ich wohl kaum etwas davon mitbekommen. Schwarzbücher erscheinen dieser Tage an allen Ecken und so ziemlich alles wurde schon kritisch durchleuchtet. Vielleicht hätte ich eine Rezension in einer der unzähligen Tageszeitungen gelesen -- aber mich ansonsten nicht weiter damit beschäftigt. Erst die heftige Reaktion des WWF macht mich auf den Inhalt neugierig. Und wie es scheint, geht das nicht nur mir so.

Laut Süddeutscher ist die erste Auflage, die 10000 Exemplare umfasste, inzwischen ausverkauft. Die Vorbestellungen für kommende Auflagen soll auch schon mehrere Tausende umfassen. Wie oben schon beschrieben ist derzeit nur das eBook erhältlich, welches 4 Euro billiger ist als die Druckvariante. Vereinzelt findet man das Buch sicherlich auch noch im gut sortierten Buchhandel, der nicht zu den großen Ketten gehört und unter dem Radar des WWF die Bücher verticken kann.

So, damit sind alle drei Punkte geklärt und ich geh mal schauen, ob der WWF schon gegen die Doku auf youtube vorgegangen oder ob diese noch verfügbar ist.

Mittwoch, 13. Juni 2012

Dinosaurier im Vorgarten

Schon seid einiger Zeit stehen Dinosaurier vor dem Naturhistorischen Museum in Braunschweig. Heute habe ich mir mal die Zeit genommen sie abzulichten und mir überlegt, was sie sich gedacht haben könnten.


Introspektion: Als das Heute noch ein Morgen war...

Introspektion: Der Begriff bezeichnet in der Psychologie die Analyse des eigenen Verhaltens und Erlebens.

Introspektion: Der Begriff bezeichnet auf Huchmampfs Welt die Analyse des Verhaltens, Erlebens und der Wahrnehmung des Autoren, der daraus Fragen ableitet, diese versucht zu formulieren und seine Gedanken gerne mitteilen möchte. Es sind Momentaufnahme, flüchtige Gedanken, die hier protokoliert werden sollen, um sie vor dem Vergessen zu schützen. Aber sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sind gewissermaßen Work-in-Progress, und müssen auch nicht bis ins letzte Detail logisch sein. Sie dienen dem Anregen einer Diskussion und münden vielleicht irgendwann in fertige, ausformulierte, brauchbare Gedanken.

Wie unlängst geschrieben denke ich derzeit wieder viel über Science Fiction und damit auch über potentielle Zukünfte nach. Ein Aspekt, der mir schon länger dabei im Hirn rumgeistert, betrifft vergangene Zukunftsvorstellungen. Vorstellungen, die vielleicht nie eingetroffen sind, aber dennoch die Welt in ihrer Zeit bewegt haben. Ich denke an Bilder nie errichteter Metropolen, denen sofort an ihrer Darstellungsart ablesbar ist, welcher Zeit sie entstammen. Vor allem die Mitte des Jahrhunderts hat farbenprächtige Gemälde hervorgebracht, die ganze Generationen von Zukunftsvorstellungen geprägt haben und noch immer einen, wenn mensch so möchte, retromodernen Chic besitzen.

Diese Bilder und Vorstellungen versuchen einen Wandel einzufangen, dessen Anziehungskraft in seiner Exotik begründet liegt. Zumeist wird dieses Fremde mit der Verlockung einer besseren, humaneren Welt gepaart, die uns aus dem Elend unserer mit Plackereien geplagten Gegenwart befreit. Eine Fortschrittsgläubigkeit, die spätestens in den 1980ziger Jahren ihr Ende in den drecken Straßen des Cyberpunks fand, über dessen makabere Anziehungskraft ich vielleicht mal an anderer Stelle schwadroniere.

Auch wenn sich bei weitem nicht alle, sondern eher nur ausgesuchte Versprechungen des "Golden Age" der Science Fiction erfüllt haben, so steht Fiction an sicher ausnahmslos am Anfang aller Innovation. Beispielsweise wird in einer Star Trek Dokumentation behauptet, Motorola hätte das Mobiltelefon in Anlehnung an den Kommunikator entwickelt. Bedenkt mensch, dass insbesondere Motorola ausgesprochen lange an Klapphandys festgehalten hat und dass Kirk und Co. ihren Komm immer aufklappen müssten, weil das Mikrofon von einer goldenen Applikation geschützt wurde, dann springt die funktionale Ähnlichkeit ins Auge, sobald auf diese aufmerksam gemacht wurde.

Aber die Geschwindigkeit von Innovation ist langsam; langsamer zumindest als das plötzlicher Herausreißen aus der Gegenwart und die Neuorientierung in der fremden Ferne der Zeiten. Ein Transport, der uns durch Bild und/oder Vorstellungskraft ermöglicht wird. Dementsprechend überholt erscheinen uns gelegentlich innovative Erfindungen, wenn wir ihnen begegnen. Ein Beispiel hierfür könnte das Handy sein.

Früher fand ich mobile Geräte, auf denen sich jede beliebige Information abrufen ließ, als die Verheißung einer neuen Epoche der Informationsvermittlung. Ich war so fasziniert von dieser Idee, dass ich Jahre später in einer Folge Stargate SG-1 über ein ähnliches Gerät gestaunt habe, welches beliebige Informationen anzeigen konnte. Obwohl ich schon länger Handys gewohnt bin und obwohl ich seit Jahren Laptops nutze und obwohl ich einen eInk-Reader besitze war ich von diesen Geräten vollkommen fasziniert ohne ihre Existenz in meiner Gegenwart zu bemerken. Ich habe wohl meine Augen vor diesen technologischen Wundern ebenso verschlossen wie vor den Wundern der Natur, die uns so alltäglich erscheinen. Meine Blindheit war sogar vollkommen: Auch wenn ich diese Geräte nutze fühlte ich noch immer den romantischen Wunsch nach diesen Geräten. Ein Widerspruch, der nach einer Erklärung verlangt.

Ob ich sie geben kann, weiß ich nicht. Aber ich habe eine Vermutung: Der Wunsch nach freien und uneingeschränkt verfügbaren Informationen schien sich bei mir in diesen Geräten zu projizieren, obwohl sie gar nicht das eigentliche Ziel meines Wunsches sind. Diese Projektion also ist derart mit dem Wunsch, dem sie entspringt verbunden, dass eine Realisation des Gerätes ohne verbundene Realisation des Wunsche mich das Gerät nicht als das erkennen ließ, was ich mir ursprünglich wünschte.

Auf diese komplizierte Art ist es möglich geworden, dass sich einer meiner Zukunftswünsche ohne mein Bemerken erfüllte. Als mir dies dann aufgefallen ist, war ich erstmal ziemlich durcheinander. Und diese Verwirrung hält noch immer an, wie man diesem holprigen Erklärungsversuch vielleicht anmerkt, weswegen ich mich auch aufmachte, diesen Post zu schreiben. Und folgende Frage zu formulieren: Hat jemand da draußen, in den unendlichen Weiten des Netzes, ähnliche Erfahrungen gesammelt? Oder bin ich einfach nur blind?

Hyperion und das Fieber der fernen Zukunft...

Die letzten Tage über beherrscht wieder die Science Fiction mein Leben. Nicht, dass dieser Themenkomplex jemals ganz verschwunden wäre, aber nach A Song of Ice and Fire und Spartacus: Blood and Sand verlor sich die imaginierte Zukunft irgendwie im Sand der fiktionalen Vergangenheit. Aber jetzt ist das Morgen wieder da, mit all seinen Wundern, Irrwegen, Abenteuern, Warnungen und Gefahren.

Auslöser war ein Besuch bei Andere Welten in Hamburg, ein Laden, den ich nur als Nerd- bzw. Science Fiction Paradies beschreiben kann. Nachdem ich zuletzt durch keine Buchhandlung gehen konnte ohne über die dortige klägliche Auswahl an SF-Literatur zu meckern war es ausgesprochen nervenschonend vor ungezählten Regalmetern zu stehen, die -- von ein bissel Fantasy mal abgesehen -- nichts anderes boten als gesammelte Zukunftsvorstellungen. Alles, was ich mir in den letzten Jahren mal flüchtig zur Anschaffung überlegt hatte, war dort wirklich vorrätig; und plötzlich hatte ich die Qual der Wahl! Etwas von Andres Brandhorst, den ich mir schon länger mal zu Gemüte führen wollte? Oder vielleicht doch Hamiltons Void-Mehrteiler? Der neue von Eschbach soll ja auch nicht schlecht sein, aber muss ich den wirklich in diesem Laden kaufen, wo mensch doch besagten Bestseller wirklich in jedem verdammten Buchladen findet?

Im Endeffekt entschied ich mich für etwas, das ich zumindest einmal in einem ordinären Buchladen gesehen, damals aber nicht gekauft hatte: Dan Simmons Hyperion-Gesänge. Die Wahl bot darüber hinaus auch noch eine schöne Geschichte, die ich hier unbedingt erzählen muss.

Während ich also noch überlegend vor dem Regal stand und mich zu entscheiden versuchte -- angedacht war Brandthorst --, viel mein Blick auf die Hyperion-Gesänge und ich musste das Buch einfach mal wieder in die Hand nehmen. Es ist ein erstaunliches Druckerzeugnis; und ich spiele jetzt nicht auf den Inhalt, sondern vielmehr auf das physikalische Totbaumwerk selbst an! Obwohl es nur die Ausmaße eines durchschnittlichen Taschenbuches hat umfasst es um die 1400 Seiten. Gedruckt auf etwas, das an Bibelpapier erinnert, welches aber wirklich stabil und nicht durchscheinend ist. Das Resultat dieser Papierwahl: Das Buch ist schwer. Unerwartet schwer, was an der ungewöhnlichen Dichte des dünnen, aber stabilen Papiers liegt. Und jetzt das entsprechende Wortspiel dazu: Der Dichter Simmons hat das Buch halt dichter gemacht. Einmal auf die Schenkel klopfen bitte und dann lasst uns diesen unsäglichen Witz vergessen.

Ich steh also da, die Gesänge in der Hand, und überlege noch, als der Verkäufer auf mich zu kommt, auf das Buch blickt und meint: "Herrlich. Ein großartiges Buch. Du hast es doch gelesen."

Ich, kleinlaut: "Ähm... nein. Irgendwie bin ich bisher nicht dazu gekommen."

Er, forsch: "Na, dann, also! Du schaust doch kein Fußball, also nimm dir das Buch und bis Montag hast du's durch. Das liest sich am Stück!"

Ich fand dies so lustig, dass ich Hyperion schließlich gekauft habe. Zwar hatte der Verkäufer mit dem Fußball Recht, nicht aber mit der Lesedauer: Ich bin erst auf Seite 300 und versuche, erst meine Arbeit zu erledigen bevor ich mich wieder nach Hyperion begebe... wo es mich derzeit beinahe magisch hinzieht. Binnen weniger Seiten hat dieses Buch meine Liebe für Science Fiction, die in letzter Zeit ein wenig eingerostet ist, wieder voll entflammt. Wunderbare Bilder, gezeichnet mit wundervoller Sprache, getränkt mit funkensprühender Phantasie an allen Ecken und Ende und belebt mit interessanten Charakteren, deren Lebensgeschichte die erste Hälfte der Hyperion-Gesänge umfassen. Ich bin hellauf begeistert und sende auf diesem Weg mein Dank nach Hamburg für diese Empfehlung. Verbunden mit der Bitte, dass der Nachfolgeband, Endymon, bitte nächsten Monat im Regal von Andere Welten auf mich warten möge.

Donnerstag, 7. Juni 2012

Zurück zur Ständegesellschaft

Es gibt sie: Ideen, von denen ich mir wünschte, sie wären nie gedacht wurden. Diese ist eine davon. Wirklich alle Medien waren sich heute morgen einig und haben eine Nachricht verbreitet, die ursprünglich von NDR Info stammt: Die Schufa will Daten im Internet, vor allem in sozialen Netzwerken, sammeln und diese mit ihrer Kartei abgleichen! Damit der Aufschrei nicht soooo groß wird erforscht sie diese Datenverknüpfung im Tarnmantel der Wissenschaft und sucht dafür die Kooperation mit dem Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam. Wir wissen ja: Wissen ist gut, Wissenschaft erzeugt Wissen, also ist auch Wissenschaft gut.

Dass diese Milchmädchenrechnung nicht aufgeht erkannte einst schon Robert Oppenheimer, aber wieso sollte der Menschen an sich aus Fehlern lernen? Wenigstens nehmen unsere Medien ihre journalistische Pflicht ausnahmsweise Mal Ernst und machen zumindest die Pläne öffentlich bekannt -- auch wenn sie sich scheuen, die entsprechenden Schlüsse zu ziehen.

Auf dem Seiten des NDR gibt es eine sehr schöne Aufstellung, in welchen Bereichen alles geforscht werden soll, die ich an dieser Stelle nicht wiedergeben möchte. Zum weiteren Verständnis kann aber ein Blick auf diese Website nicht schaden. Zusammengefasst kann man sagen: Die Schufa lässt den gläsernen Bürger erforschen und geht damit einen Schritt, den wir reflexartig eher von der Bundesregierung, Facebook, Google oder Apple erwartet hätten. Und im Gegensatz zur Bundesregierung braucht sie dafür keinen Bundestrojaner, im Vergleich zu Apple muss sie keine Geräte an die ausspionierten Kunden geben und anstatt Facebook und Google muss sie keinen, aber auch wirklich keinen verdammten Service bereitstellen, damit die Nutzer freiwillig die zur Nutzung vorgesehenen Daten hergeben. Der Clou ist simple wie genial: Es sollen lediglich die vorhandenen Daten auf den sozialen Netzwerken ausgelesen werden. Yippie!

Für den Fall, dass Nutzer ihren Klarnamen gegen ein legitimes Pseudonym austauschen, sollen Honeypot-Accounts angelegt werden. Accounts also, die interessant erscheinen und zum Befreunden oder Einkreisen einladen sollen. Cool. Mensch müsste mal nachlesen, ob sowas nicht gegen irgendwelche Nutzungsbedingungen verstößt. Aber das wird dann eine andere Schlacht. Auf jeden Fall soll dieses Vorgehen auch dafür sogen, dass Informationen aus den nicht-öffentlichen Teilen der sozialen Netzwerke gezogen werden können, womit die Möglichkeit der begrenzten Mitteilung an Interessierte zur privaten Kommunikation vollkommen ad absurdum geführt wird.

Als wäre der Schritt zum -- privaten, wohlgemerkt! Die Schufa ist immer noch ein gewinnorientiertes Unternehmen! -- Big Brother Institut Schufa nicht schon schlimm genug forciert diese Datenverknüpfung eine Art von Gesellschaft, in der ich zumindest nicht leben möchte: Die Ständegesellschaft. Hier der Versuch eine logischen Argumentation in 3 Schritten.


  1. Die vom NDR veröffentlichten Informationen sprechen eindeutig von "Relationship Extraction, um Beziehungen zwischen Entitäten zu gewinnen." Mit anderen Worten: Es wird geschaut, wer mit wem befreundet ist. Böse Zungen könnte jetzt auch sagen: Mit welcher Art von Mensch mensch am meisten Kontakt hält.
  2. Diese gewonnenen Daten werden auf ihre Korrelation zur Bonität der Person hin untersucht.
  3. Daraus folgt: Wenn du dich viel mit Menschen umgibst, die eine schlechte Bonität haben, dann machst du das doch nur, weil du auch eine schlechte Bonität hast und die anderen möglicherweise vom Jobcenter oder der Tafel her kennst. Willst du also keine schlechte Bonität auf Grund deiner Bekannten haben, dann halte deine Bekanntschaften rein und säubere deine Freundesliste von Individuen, die deinem Ruf schaden könnten. Öffentlich würde die Schufa eine derartige Ansicht natürlich nicht teilen, aber NDR Info liegen laut eigenen Aussagen vertrauliche Informationen vor, die genau diesen Verdacht bestätigen.
Wir sind also wieder in Zeiten der Ständegesellschaft angekommen: Wenn mensch sich nicht standesgemäß mit Freunden umgibt, dann muss der Ruf zwangsläufig leiden und das Leben wird erschwert. Ob der Durchgang nach oben ebenfalls durchlässig ist -- also ob man aufsteigt, wenn mensch sich nur mit guten Menschen umgibt -- ist dagegen mehr als fraglich. Vorsorglich haben auch schon einige Nutzer in sozialen Netzwerken ihre Freunde ironisch dazu aufgerufen sich zu entfreunden, falls sie Hartz IV empfangen sollten. Die Nachricht ist also verstanden wurden.

Diese Art der Datenverknüpfung ist zynisch und menschenverachtend. Sie stärkt die ohnehin schon grassierende Entsolidarisierung in der Gesellschaft, fördert Ellenbogenmentalität und stur hedonistisches Denken. Nach Schule, Ausbildung und Studium, die heutzutage schon stromlinienförmig zu verlaufen haben, muss jetzt also auch noch der Freundeskreis "artgerecht" gehalten werden. Kein Wunder, dass mir wieder reihenweise Nazivergleiche einfallen...

Dennoch, so ganz Hoffnungslos ist die Situation nicht, wie Heise mensch bei Heise lesen kann: Sie berichten, dass einige Datenschützer schon Bedenken gegen das Vorgehen angemeldet haben. Ich hoffe die Datenschützer haben recht und strafen der Aussage der Schufa, dass sich "natürlich alles im juristischen und legalen Rahmen in Deutschland" bewegt, Lügen. Wäre ja nicht das erste Mal, dass Big Brother Organisationen mit ihrer rechtlichen Einschätzung daneben lagen.